Wer kennt diese Tage nicht, an denen eine zu volle To-Do-Liste und stetig näher rückende Deadlines einen in eine Art Produktivitätszwang drängen, der leider ausgesprochen wenig produktiv ist. Man lässt die Kaffeepause Kaffeepause sein, könnte beim Mittagessen einen Preis für Hochgeschwindigkeitskauen gewinnen und wird bei jeder scheinbar unproduktiv verbrachten Sekunde nervös, noch mehr Zeit zu verlieren. Nach der Arbeit noch Einkaufen und das Nötigste im Haushalt erledigen und womöglich nach dem Abendessen noch einmal schnell die Emails checken. Zwei Stunden später sitzt man dann immer noch über den Laptop gebeugt und wundert sich, warum der Nacken schmerzt.
Persönlich kenne ich diese Tage gut. Als ich dann mehr über Lagom gelesen habe, wurde mir klar, wie sehr diese Tage das Gegenteil von Lagom sind. Meistens sind sie überdurchschnittlich stressig und unterdurchschnittlich produktiv. Daran musste sich etwas ändern, und Lagom ist in diesem Fall ein guter Ratgeber, von dem ich mir gerne etwas für den Arbeitsalltag abschauen möchte.
Weniger ist mehr
In Schweden testen immer mehr Unternehmen den 6-Stunden-Tag, ohne Produktivität einzubüßen. Im Gegenteil: wenn mehr Zeit für Hobbies und Freiraum zum Nichtstun vorhanden ist, wächst die Produktivität in den Arbeitsstunden. Genauso sind auch Pausen ein wichtiger Bestandteil des schwedischen Arbeitsalltags. So gibt es meist zweimal am Tag “Fika” – eine fünfzehnminütige Kaffeepause, in der mit Kollegen geschwätzt wird und einfach etwas Abstand von der Arbeit gewonnen wird.
Mit Vertrauen zum Ziel
Auch der Umgang mit Deadlines ist dank Lagom ein anderer. Es wird darauf vertraut, dass es “lagom” lange dauert, um eine Aufgabe zu erledigen – nicht zu kurz und nicht zu lang, eben genau richtig. Lagom ist hier flexibel und passt sich an die Zeit an, die jemand braucht um das optimale, oder eben lagom Ergebnis zu erzielen. Dies geschieht auf Vertrauensbasis, dass wer an der Aufgabe arbeitet sein Bestes gibt (selbstverständlich, ganz im Sinne Lagoms, ohne sich zu überarbeiten). Ich finde, dass wir dieses Vertrauen durchaus auch uns selbst gegenüber aufbringen sollten.
Mit Lagom in die Sommerpause
Dieser Umgang mit Arbeitszeit und Freizeit kreiert ein angenehmes Gefühl der Balance. Abschalten und genug Zeit für die Familie ist in Schweden nicht nur im Alltag wichtig. Auch die Sommerpause spielt eine große Rolle. Über mehrere Wochen macht Schweden Urlaub, häufig im eigenen Land in der Ferienhütte, wo die Familie zusammenkommt und das Leben in der Natur in vollen Zügen genießt. Für mich ist Urlaub im Ferienhaus wunderbar lagom: wir haben dort alles, was wir brauchen – nicht mehr, und nicht weniger. Wir verbringen die Zeit im Einklang mit der Natur, genießen, was Wald und Seen zu bieten haben, mit Wandern und Schwimmen, Bootstouren und Ausflügen, und natürlich mit entspannendem Nichtstun. Lagom eben.
Bis bald und vi ses,
Klara